
Die Fähigkeit zur Kausalanalyse ist eng mit der Fähigkeit zur Emotionssteuerung verbunden. In einem emotional negativ aufgeladenen Zustand, geht es nicht nur darum Ihre Emotionen umzukehren sondern vor allem darum, die Situation zu analysieren und die Ursachen für Ihre negativen Gefühle zu identifizieren und bestenfalls zu verändern.
Die Fähigkeit zur Kausalanalyse
Hoch resiliente Menschen verfügten über die Fähigkeit, Zusammenhänge inhaltlich und treffend zu analysieren. Mit einer gut ausgeprägten Fähigkeit in diesem Bereich können die Ursachen für negative Ereignisse für Rückschlage und die damit einhergehenden emotional negativen Zustände richtig einschätzen und sind in der Lage, sinnvolle Lösungsstrategien zu entwickeln, die ihr Wohlbefinden wieder herstellen. Diese Fähigkeit hilft Menschen dabei, denselben Fehler nicht wieder und wieder zu machen und nicht zu früh aufzugeben. Dies hat vor allem den Vorteil aus Erfolgen oder Misserfolgen zu lernen und eine Grundlage für zukünftiges Handeln abzuleiten.
„Hoch resiliente Menschen unterscheiden sich von weniger resilienten Menschen in zweierlei Hinsicht in diesem Bereich: ersten nehmen Sie sich die Zeit, eine Situation gründlich zu analysieren, und, zweitens, sind die sehr gut darin, die richtigen Gründe für ihren emotional negativen Zustand zu identifizieren.“[i]
Wenn Sie also Probleme mit der Anerkennung Ihrer Leistungen bei Ihrem Chef haben, dann wäre es hilfreich den wahren Grund dafür zu erkennen, um sinnvolle Maßnahmen ableiten zu können. Liegt es tatsächlich an der Qualität Ihrer Arbeit oder gibt es Probleme auf der Beziehungsebene, könnte es z.B. an Ihrem Auftreten liegen? Was davon ist ihr Anteil, was könnten sie verändern?
Sind wir hingegen nicht in der Lage unsere Probleme genau beurteilen zu können, besteht die große Gefahr, immer wieder die gleichen Fehler zu machen. Nach Martin Seligman führt ein bestimmter Attributionsstil, d.h., verinnerlichte Voreinstellungen im Hinblick auf die Zuschreibung von Ursachen für bereits eingetretene Ereignisse zu diesem Dilemma.
Wenn wir die Ursachen unserer Probleme nicht genau beurteilen können, sind wir dazu verdammt, immer wieder dieselben Fehler zu machen.
Explanatory Style als Grundlage der Kausalanalyse
Martin Seligman, hat den Begriff des „Explanatory Style“ (Ursachenzuschreibung oder Erklärungsstil) als besonders wichtig für die Kausalanalyse bezeichnet. Laut Seligman fördert ein bestimmter Attributionsstil[ii], nämlich negative Erlebnisse als intern, stabil und generell verursacht anzusehen, die Entstehung von Depressionen:
- Intern: Sie sehen (in) sich selbst als das Problem und nicht äußere Umstände.
- Stabil: Sie sehen das Problem als unveränderlich und nicht als vorübergehend.
- Generell: Sie sehen das Problem als allgegenwärtig und nicht auf bestimmte Situationen begrenzt.
Versagen in schwierigen Situationen als extern, variabel und spezifisch zu erklären, ist nach Seligman hingegen ein Zeichen für Resilienz.
Beispiel: Wie erkläre ich mir, dass ich bei einer Prüfung durchgefallen bin?[iii]
intern | intern | extern | extern | |
stabil | variabel | stabil | variabel | |
generell | Ich bin unfähig, Prüfungen zu bestehen. | Ich bin immer zu schlecht vorbereitet. | Prüfer verlangen immer zu viel. | Ich hatte Pech und habe schwere Prüfungsfragen bekommen. |
spezifisch | Das Prüfungsthema war zu schwierig für mich. | Ich habe für diese Prüfung zu wenig gelernt. | Dieser Prüfer war zu anspruchsvoll. | Auf diese Prüfungsfragen war ich nicht vorbereitet. |
„Es ist leicht zu erkennen, wie unser üblicher Erklärungsstil unsere Fähigkeit zur Kausalanalyse beeinflusst. Menschen, die über eine kognitive Flexibilität verfügten und alle wichtigen Ursachen der Widrigkeiten identifizieren können, denen sie gegenüberstehen, ohne in einem bestimmten Erklärungsstil gefangen zu sein, sind im Vorteil. Sie setzen mit ihre Problemlösungsressourcen bei die Probleme an, die sie steuern können, und durch schrittweise Veränderungen beginnen sie zu zu lösen. Wie jemand, der das Bedürfnis verspürt, seine Impulskontrolle und seinen Optimismus zu verbessern, wenn Sie Ihre kausale Analyse verbessern müssen, dann wird Selbstwirksamkeitsüberzeugung wahrscheinlich die Fähigkeit sein, die Ihnen am meisten hilft.“[iv]
Fazit
Indem wir richtig analysieren und daraus die richtigen Handlungen für uns ableiten, im dem wir nicht immer wieder den gleichen Fehler begehen, indem wir unsere Energie nicht mit sinnlosen Aktivitäten oder Gedanken verschwenden, indem wir die Flinte nicht kurz vor dem Ziel ins Korn werfen, hilft uns die Kausalanalyse im speziellen und die Resilienz im allgemeinen dabei, unsere knappen Ressourcen sinnvoll einzusetzen: „Resilienz ist unsere Fähigkeit, sich zu erholen, die Fähigkeit, sich von Rückschlägen zu erholen. Das ist richtig! Aber es gibt noch mehr: Belastbarkeit ist die intelligente Bereitstellung begrenzter Ressourcen.“[v]
Wo Licht ist, da ist auch Schatten – in diesem Sinne kann eine hohe Fähigkeit zur Kausalanalyse auch Nachteile mit sich bringen: gute Analytiker tun sich häufig schwer, schnelle Entscheidungen zu treffen.
Quellen:
[i] Zit: Denis Mourlane, Resilienz. Die unentdeckte Fähigkeit der wirklich Erfolgreichen, Göttingen, 2014, S. 51
[ii] Als Attributionsstile bezeichnet man erworbene Voreinstellungen im Hinblick auf die Zuschreibung von Ursachen für bereits eingetretene Ereignisse, woraus sich auch bestimmte Erwartungen ergeben können.
[iii] Beispiel und Erläuterungen zum Attributionsstil aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Attributionstheorien
[iv] Reivich, Karen. Der Resilienzfaktor: 7 Schlüssel zum Finden der inneren Stärke und Überwinden der Hürden des Lebens (Kindle-Positionen835-843).
[v] “Resilience is our ability to bounce back, the ability to recover from setbacks. That’s right! But there is more: resilience Is the intelligent deployment of limited resources.” Denis Mourlane, Resilienz. Die unentdeckte Fähigkeit der wirklich Erfolgreichen, Göttingen, 2014, S. 52, Zitat von Dean M. Becker