
Als Rosenthal-Effekt wird das Resultat eines Verhältnisses zwischen einer bewertenden Person und einer bewerteten Person bezeichnet, in dem sich positive Erwartungen sowie positive Vorurteile des Versuchsleiters als sich selbst erfüllende Prophezeiung auf das Ergebnis des Experiments auswirken.
Dieser Effekt wurde zunächst n einem Laborexperiment festgestellt. „Zwölf Studenten wurden jeweils fünf Laborratten eines gleichen Stammes gegeben. Der einen Hälfte der Studenten wurde mitgeteilt, dass „ihre“ Ratten darauf hin gezüchtet wurden, einen Irrgarten besonders schnell zu durchlaufen, der anderen Hälfte der Studenten wurde mitgeteilt, dass „ihre“ Ratten auf besondere Dummheit hin gezüchtet wurden. Obwohl die Ratten in Wirklichkeit alle vom gleichen genetischen Stamm kamen, zeigten die Ratten, deren Versuchsleiter mitgeteilt wurde, dass ihre Ratten besonders intelligent sind, deutlich bessere Leistungen als die Ratten in der Kontrollgruppe. Die Erklärung von Rosenthal und Fode dafür war, dass die Projektionen der studentischen Versuchsleiter die Leistung der Ratten beeinflusst haben.“[1]
Feldexperiment zur Übertragung des Rosenthal-Effekts auf Menschen
Im Jahr 1965 machten die Harvard-Wissenschaftler Robert Rosenthal und Lenore F. Jacobson ein Feldexperiment zu diesem Effekt an einer Grundschule. Den Lehrern wurde vorgetäuscht, dass auf der Basis eines wissenschaftlichen Tests die Leistungspotenziale der Kinder eingeschätzt werden sollten. Durch diesen Test würden, so die Schilderung gegenüber dem Lehrer, die 20 Prozent Schüler einer Schulklasse identifiziert werden, die kurz vor einem Entwicklungsschub ständen. Bei diesen, als Bloomers oder Spurters bezeichneten Schülern sei im folgenden Schuljahr besondere mit Leistungssteigerungen zu rechnen. In Wirklichkeit wurden die 20 Prozent der Schüler jedoch ohne Wissen der Lehrer zufällig per Los ausgewählt.
Nachdem dieser angebliche Test durchgeführt war, teilten die Forscher den Lehren mit, welche der Schüler als Spurters identifiziert wurden. Die Forscher sagten den Lehren in zwei Sachverhalten nicht die Wahrheit:
- Er hatte mit den Schülern einen gängigen IQ-Test genommen.
- Die Namen, die als Spurters genannt wurden, waren nicht aufgrund der Ergebnisse des IQ-Tests, sondern zufällig ausgewählt.
Schließlich wurde den Lehrern mitgeteilt, dass der Schülerschaft keinesfalls bekannt gegeben werden dürfe, welche der Schüler die Fast-Spurters sind, um die anderen Schüler nicht zu diskriminieren.
Ergebnisse
Acht Monate nach dem ersten IQ-Test wurde dieser mit allen Schülern der Grundschule wiederholt. Bei den 20% Spurters wurde eine deutlich höhere Leistungssteigerung verzeichnet, als bei den restlichen getesteten Schülern. Da bis auf die geheime Information, die über das angebliche Leistungspotenzial der Spurters an die Lehrer gegeben wurde, alle anderen Bedingungen konstant gehalten wurden, bleibt als einzig mögliche Ursache für die Leistungssteigerung der Spurters die Erwartungshaltung der Lehrer gegenüber diesen Schülern.
Nach einem Jahr konnte festgestellt werden, dass die Kinder aus der Gruppe der Spurters ihren IQ viel stärker steigern konnten als Kinder aus der Kontrollgruppe. Der Effekt war bei Kindern der ersten und zweiten Klasse besonders stark. Interessant war, dass die IQ-Steigerungen bei den Kindern am stärksten waren, die ein besonders attraktives Äußeres hatten. Auffällig war weiterhin, dass der Charakter der so genannten Aufblüher von den Lehrern positiver beurteilt wurde.
In Felduntersuchungen konnte inzwischen vielfach belegt werden, dass die Erwartungen eines Lehrers bezüglich der Leistungen bestimmter Schüler nicht nur seine Beurteilungen der Schüler, sondern auch die tatsächlichen Leistungen der Schüler beeinflussen. Dies gilt selbst dann, wenn die Schüler von den Erwartungen nichts wissen und der Lehrer glaubt, sich neutral zu verhalten.
Der Rosenthal-Effekt, der auch als Pygmalion-Effekt bekannt ist, kann nach Heinz Heckhausen dann auftreten, wenn folgende Bedingungen vorliegen:
- Der Schüler hat sein Potenzial noch nicht ausgereizt, leistet derzeit also weniger, als ihm seine Fähigkeiten erlauben,
- der Lehrer hat bislang die Fähigkeiten des Schülers unterschätzt,
- der Schüler hat die Einschätzung des Lehrers auch übernommen, also verinnerlicht.
Wie entsteht der Rosenthal-Effekt?
Die Beeinflussung des Schülerverhaltens entsteht nonverbale Botschaften, die der Lehrer erzeugt
- ein positives emotionales Klima,
- differenzierteres Eingehen
- die Präsentation angemessener Lerninhalte und
- die Schaffung zusätzlicher Möglichkeiten für den Schüler, sich zu Wort zu melden
Dieses Verhalten, wird als „Lehrer-Attribution“ bezeichnet. Sind beispielsweise Lehrer am Anfang des Schuljahres überzeugt, dass ein Schüler überdurchschnittlich intelligent ist, dann erwarten sie eine entsprechende zukünftige Leistung und verhalten sich ihm gegenüber so, dass am Ende des Schuljahres oft tatsächlich ein Zuwachs an Leistung oder der gemessenen Intelligenz zu verzeichnen ist.
Übertragung des Rosenthal-Effekts auf die Arbeitswelt
Man hat versucht, die Rosenthal Experimente auf die Arbeitswelt überragen. Entsprechend wurde Vorgesetzten mitgeteilt, man könne die High-Potentials unter ihren Mitarbeitern ermitteln. Die Ergebnisse waren ähnlich, wie beim Rosenthal-Experiment mit den Schülern:
Wenn ein Vorgesetzter davon ausgeht, dass ein Mitarbeiter das Potenzial hat, sich zu entwickeln, dann wird sich dieses Potenzial in vielen Fällen entwickeln. Wenn umgekehrt, Mitarbeiter davon ausgehen, dass sie eine gute Führungskraft haben, so wird sich in vielen Fällen auch das Potenzial der Führungskraft entwickeln.
Fazit:
Wenn wir Menschen um uns haben, die an uns glauben und uns dies mitteilen, dann haben diese positiven Annahmen extreme Auswirkungen auf uns. Wenn wir das Potenzial in Menschen sehen und ihnen dies zeigen, werden sie sich entwickeln. Je größer das angenommene Potenzial, desto größer die Wirkung. Dabei kann natürlich eine Entwicklung nur einsetzen, wenn das Potenzial der betreffenden Person noch nicht voll ausgeschöpft ist, wenn die Person bisher unterschätzt wurde und die Person, die externe Zuweisung eines Potenzials auch verinnerlicht.
[1] Zit. Wikipedia (Rosenthal-Effekt)