
Das Johari-Fenster ist ein Modell, das die Unterschiede zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung grafisch darstellt. Es wurde 1955 von den US-amerikanischen Sozialpsychologen Joseph Luft und Harry Ingham entwickelt, die dann aus aus einer Kombination ihrer beiden Vornamen, den Begriff „Johari“ zusammensetzten.
Das Modell wird vor allem dazu eingesetzt, um die Selbstwahrnehmung mit der Fremdwahrnehmung abzugleichen, um die Zusammenarbeit und das Verständnis innerhalb von Gruppen zu verbessern.
Hier finden sich alle Informationen, die mir selbst über mich und die auch anderen Personen bekannt über mich bekannt sind. Was in diesem Quadrant ist, macht die Kommunikation einfache, weil alle Interaktionspartner sich über meine Wünsche, Eigenarten oder Verhaltensweisen bewusst sind.
Beispiel:
Jemand weiß, dass er sehr ungeduldig ist. Seine Kollegen wissen das ebenso. Alle Beteiligten können darauf eingehen und die Eigenart in seinem Verhalten berücksichtigen.
2. Mein geheimer Bereich
Informationen in diesem Bereich sind mir selbst bekannt, anderen Personen jedoch nicht. Was in diesem Quadrant ist, zeige ich ganz bewusst nicht öffentlich, weil es z.B. zu privat ist. Dementsprechend kann es in der Interaktion zu Missverständnissen über mein Verhalten kommen.
Beispiel:
Jemand ist sehr aufgeregt bei öffentlichen Vorträgen, möchte das aber dem Auditorium nicht mitteilen. Um seine Nervosität zu überspielen, kaut die Person während es Vortrags Kaugummi. Dies hinterlässt bei einigen Zuhörern einen respektlosen Eindruck
3. Der blinde Fleck
Andere Personen haben Informationen über mich, die mir aber gar nicht bewusst sind. Wären mir diese Informationen bekannt, könnte ich etwas an meinem Verhalten ändern oder zumindest bewusst damit umgehen. Was in diesem Quadranten ist, wird häufig nonverbal geäußert und kann so z.B. emotionale Dissonanzen in der Interaktion herbeiführen.
Beispiel:
Wenn jemand einer schwierigen Aufgabe sitzt, kaut die Person ständig an ihren Fingernägeln und wirkt nicht ansprechbar.
4. Der unbekannte Bereich
Informationen in diesem Quadranten sind weder der Person selbst, noch anderen Personen bekannt. Das können unbewusste Erinnerungen oder schlummernde Talente sein, die einfach noch nicht entdeckt wurden.
Beispiel:
Eine normalerweise sehr introvertierte Person übernimmt häufig die fachliche Führung in Projekten, wenn es zu kritischen Situationen kommt. Der Person selbst und seiner Umgebung ist nicht bewusst, dass in ihr die starke Führungsqualitäten stecken.
Ziele und Instrumente des Johari-Fensters
Das Johari-Fenster kann eingesetzt werden, um den linken oberen Quadranten des Johari-Fenster, also den öffentlichen Bereich, zu vergrößern. Ziel ist es, damit das Wissen über eigenes Verhalten, die Fremdwahrnehmung sowie die Zusammenarbeit zwischen mehreren Personen zu verbessern. Dabei können sowohl positive Effekte für den Einzelnen, als auch für ein Team beobachtet werden. Der öffentliche Bereich kann durch zwei Instrumente vergrößert werden
Selbstoffenbarung:
Teilt eine Person der anderen Personen Dinge mit, die bisher nur ihr selbst bekannt waren, so schrumpft ihr geheimer Bereich. Die Kollegen wissen mehr von mir und können Verständnis entwickeln oder wertvolles Feedback geben. Beides kann wirksam helfen, die Ursache z.B. für die Nervosität beim Vortrag abzubauen.
Feedback:
Bittet eine Person um Feedback, so erhält sie häufig Informationen über sich, die ihr noch gar nicht bewusst waren. Je mehr Informationen eine Person über ihr unbewusstes öffentliches Verhalten bekommt, desto kleiner wird ihr blinder Fleck werden.
Anwendung und Vorteile des Johari-Fensters
Wenn z.B. ein Team neu zusammengesetzt wird, ist der Quadrant A häufig sehr klein, während die Quadranten C und B sehr groß sind. Dementsprechend ist die Interaktion unter den Teammitgliedern zunächst von Unsicherheit geprägt, wenig spontan und nicht sehr kreativ. Löst sich diese natürliche Anfangssituation nicht auf, wird die Potenzialentfaltungder einzelnen Teammitglieder und des gesamten Teams behindert. Das Johari-Fenster kann wirkungsvoll eingesetzt werden, um solche Störquellen der Persönlichkeits- und Teamentwicklung zu minimieren.
Dies kann natürlich nur gelingen die einzelnen Teammitglieder untereinander etwas über sich selbst preisgeben und etwas über die jeweils eigene Außenwirkung zu lernen. Der linke obere Quadrant des Johari-Fensters wird dann immer größer, die anderen drei Quadranten werden immer kleiner werden.Dies hat einige Vorteile:
Vorteile für den Einzelnen:
- Unbewusste Verhaltensweisen werden bewusst
- Durch Selbstoffenbarung verringert sich der Aufwand, der für die Geheimhaltung betrieben werden muss und es vergrößert sich der Freiraum und der Handlungsspielraum in der Öffentlichkeit.
- Durch das Feedback anderer Personen bezüglich des „blinden Flecks“ kann die betroffene Person Erkenntnisse über sich selbst gewinnen und kann so seine privaten und öffentlichen Handlungsspielräume bewusster wahrnehmen und ausfüllen.
- An Schwierigkeiten in der Interaktion mit Anderen kann gearbeitet werden.
- Durch bewusste und sensible Formen der Selbstoffenbarung können innere Blockaden gelöst werden.
Vorteile für das Team:
- Das gegenseitige Verständnis im Team wird erhöht, da die anderen Teammitglieder besser verstanden werden können.
- Die Qualität der Beziehungen bessert sich.
- Die Teammitglieder lernen sich schneller kennen, wenn bewusst geübt wird, den öffentlichen Bereich der Mitglieder zu vergrößern.
Das Johari-Fenster ausprobieren:
Hier ist ein ein Online-Tool zum Ausprobieren.
- Wählen Sie aus den vorgegebenen Adjektiven 5-6 aus, die Ihrer Meinung nach auf Sie zutreffen.
- Geben Sie sich einen eindeutigen Namen und senden den im Tool generierten Link an Menschen, die Sie Ihrerseits um eine Einschätzung zu den Adjektiven bitten, die auf Sie zutreffen.
- Schauen Sie sich die Auswerteseite an (der Link wurde auf der ersten Seite angezeigt)und sehen Sie, welche Ihrer Eigenschaften geheim oder im Blinden Fleck sehen.
Fazit
Wie so viele Modelle ist auch das Johari-Fenster vereinfachend und berücksichtigt nicht alle Faktoren der menschlichen Persönlichkeit. Das muss es auch nicht. Es kann jedoch dazu beitragen, den persönlichen Handlungsspielraum der einzelnen Teammitglieder transparenter und weiter zu gestalten und so zu einer besseren Leistungsfähigkeit des Teams beizutragen. Voraussetzung für die Anwendbarkeit ist die Bereitschaft der Teammitglieder, etwas über sich selbst preisgeben und etwas über die jeweils eigene Außenwirkung zu lernen.