
Mit Empathie wird die Fähigkeit bezeichnet, sich in die Gedanken- und Gefühlswelt anderer Menschen hineinversetzen und deren Verhalten verstehen zu können. Zur Empathie gehört neben dem Erkennen und Verstehen ebenso die Bereitschaft, sich auf die Gedanken- und Gefühlswelt anderer einzulassen, angemessen zu reagieren und Reaktionen darauf vorausschauend zu antizipieren.
Was Kunden, Kollegen oder Konkurrenten wirklich denken und fühlen und welche Absichten sie haben, ist nur selten offensichtlich. Die Fähigkeit, das Verhalten anderer Menschen verstehen und damit zutreffend vorhersagen zu können, ist eine wichtige Kernkompetenz in vielen Berufen und gilt als eine wichtige Managementkompetenz.
Nach Paul Ekman handelt es sich weder bei Empathie (Mitgefühl) noch bei Mitleid um Emotionen, sondern um Reaktionen auf die Emotion eines anderen Menschen. Ekman unterscheidet zwischen kognitiver und emotionaler Empathie: „Kognitive Empathie lässt uns erkennen, was ein anderer fühlt. Emotionale Empathie lässt uns fühlen, was der andere fühlt und das Mitleiden bringt uns dazu, dass wir dem anderen helfen wollen …“[1]
Kognitive und emotionale Empathie
Von kognitiver Empathie spricht man, wenn man wahrnimmt, was in einem anderen vorgeht, jedoch ohne dabei die emotionale Reaktion seines Gegenübers zu betrachten. Kognitive Empathie bedeutet also, dass man versteht, was in einem anderen vorgeht.
Von emotionaler Empathie spricht man, wenn man die Gefühle eines anderen annimmt und mitfühlt. Emotionale Empathie ist also gleichzusetzen mit Mitgefühl oder Mitleid oder eben mit der Anteilnahme an der Freude anderer. Emotionale Empathie wird oft auch affektive Empathie genannt.
Es wird schnell klar, dass z.B. in einer Verhandlungssituation vorwiegend kognitive Empathie gefordert ist, während z.B. in engen zwischenmenschlichen Beziehungen, wie der Eltern-Kind-Beziehung, vorwiegend emotionale Wärme, und emotionale Empathie wichtig ist.
Die Fähigkeit, sich auf Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kulturen, Altersgruppen, Temperamente und Charaktere einstellen zu können, wird auch als soziale Empathie bezeichnet.
Empathie und Sympathie
Abzugrenzen von der Empathie ist die Sympathie. Unter Sympathie versteht man die emotionale Zuneigung zwischen zwei Personen. Die Gemeinsamkeit zwischen Empathie und Sympathie liegt in der „gemeinsamen Wellenlänge“, der gemeinsamen emotionalen Verbindung zweier Menschen. Sympathie begünstigt das Auftreten von Empathie, da man eher mit Menschen mitfühlt, die einem sympathisch sind und auch Empathie kann Sympathie beeinflussen.
Dennoch haben Empathie und Sympathie zwei ganz unterschiedliche Bedeutungen: Empathie bedeutet Verständnis, Sympathie bedeutet Zuneigung.
Nutzen von Empathie
Das Verständnis darüber, warum Menschen in gewisser Weise reagieren, kann überall dort wirksam werden, wo Menschen miteinander interagieren. Gerade im Bereich der Vorgesetzten -Mitarbeiter- Beziehungen hat die Empathie mittelbar über ihren Einfluss auf die Beziehung auch Einfluss auf die Arbeitsergebnisse.
Denis Mourlane erläutert die Wirkung von Empathie als Resilienzfaktor an einem Beispiel:
„Nehmen Sie das Beispiel zweier Mitarbeiter der Deutschen Lufthansa AG, die am Lost—and-Found-Schalter arbeiten. Vor vierzig Minuten ist eine Boing 747 aus Peking gelandet und es wurde festgestellt, dass die Gepäckstücke von fast hundert Passagieren aufgrund eines Fehlers des Pekinger Flughafens nicht mitgenommen wurden. Das Gepäck befindet sich derzeit in Sydney. Beide Lufthansa-Mitarbeiter haben also alle Hände voll zu tun…. das Brautkleid für die in vier Tagen in den USA stattfindenden Hochzeit einer zukünftigen Braut befindet sich darin Mitarbeiterin A hat es nun mit der Braut zu tun. Sie kann sich sehr gut in deren Haut versetzen und entsprechend prallen die Beschimpfungen, denen sie ausgesetzt ist, an ihr ab. Als sich die Braut dann massiv im Ton vergreift, betont die Mitarbeiterin A noch einmal in einer ruhigen Art und Weise, dass sie den Ärger gut verstehen kann, aber dennoch darum bittet, nicht beschimpft zu werden. Mitarbeiterin B, die wiederum den aufgebrachten Bräutigam an Ihrem Schalter hat, kann keinerlei Verständnis für die Beschimpfungen aufbringen, die dieser äußert. Es gehen ihr Gedanken wie »Ich bin doch auch nur ein Mensch«, »Ich kann doch nichts dafür«‚ »Was für ein fürchterlicher Job« durch den Kopf. Schließlich platzt es aus ihr heraus und sie schreit genauso, wie es der Bräutigam davor getan hat. Die Emotionen sind so stark geworden, dass sie sie nicht mehr steuern kann.“[2]
Wer sich in die Gefühlswelt seines Gegenüber hinein versetzen kann, kann seine eigenen Emotionen in der Interaktion mit dieser Person besser regulieren, intensive Emotionen treten erst gar nicht auf, schwierige Kommunikationssituationen werden als Herausforderung angenommen, die mit klarem Kopf gemeistert werden. Hoch resiliente Menschen beherrschen diese Fähigkeit in schwierigen Situationen
Beispiele für ein empathisches Verhalten im Dialog
Für die Anwendung eines empathischen Verhaltens im Dialog mit anderen ist die Bereitschaft erforderlich, sich selbst anderen zu öffnen und die eigenen Wahrnehmungen mit den Empfindungen des Gegenübers abzugleichen. Folgende zwei Beispiele sollen dies verdeutlichen:
Aktiv zuhören
Aktiv und verständig zuhören geschieht, ohne direkt zu argumentieren oder sich zu rechtfertigen. Dazu ist es erforderlich, sich über einen längeren Zeitraum auf ein Gespräch zu konzentrieren und seinem Gegenüber die volle Aufmerksamkeit zu schenken. Dies ist für beide Gesprächspartner wichtig, um zu einer gegenseitigen vertrauensvollen Öffnung im Gespräch zu gelangen. Eine Technik des aktiven Zuhörens besteht in der gesprächsunterstützenden Ermutigung zum Weiterreden durch offene Fragestellungen: „was haben Sie während dieser Erfahrung empfunden?“ Um zu zeigen, dass Sie das Anliegen ihres Gesprächspartner aufgenommen haben, fassen Sie dessen wesentliche Aussagen im Gespräch in neutraler Art zusammen: „habe ich richtig verstanden, dass Sie…“ oder: „wenn ich Sie richtig verstanden habe, kommt es Ihnen darauf an, dass…“.
Die richtigen Signale aussenden
Vermitteln Sie Ihrem Gegenüber bereits mit einer zugewandten offenen Körperhaltung das Gefühl der Anteilnahme mit einer aufrechten, zugewandten und offener Körperhaltung. Suchen sie den Augenkontakt.
Mögliche Nachteile von Empathie
Allerdings kommt es bei Empathie auf das richtige Maß an. Zu viel Empathie kann im Berufsleben schnell zu Nachteilen führen. Empathische Menschen, die sich nicht gut abgrenzen können, neigen dazu, die Aufgaben anderer zu erledigen. Dies ist für sie selbst schlecht, weil sie dadurch überlastet werden und weil sie ihre eigenen Prioritäten aus den Augen verlieren.
Nein zu sagen gehört also unbedingt zum Handwerkszeug eines empathischen Menschen.
Dem amerikanische Psychologen Paul Bloom wird folgendes Zitat zugeschrieben: „Empathie hat einige unglückliche Eigenschaften. Empathie ist engstirnig und zerstreut. Wenn wir schlau sein wollen, verlassen wir uns besser nicht darauf.“[3]
Bloom hält Vernunft, die von Mitgefühl geleitet wird, für ein besseres und verlässlicheres Werkzeug zur Entscheidungsfindung,
„Empathie ist ein Bauchgefühl, das einen wegschwemmt. Das andere Extrem ist die kalte, nüchterne Rationalität, die sich von Gefühlen überhaupt nicht beeindrucken lässt. Das Mitgefühl dagegen liegt irgendwo dazwischen, es spricht das Herz an, hört aber auch auf die Gründe der Vernunft. Das ist genau das, was wir heute kultivieren müssen.“
Bloom bedeutet Empathie, „ich fühle das, was ein anderer Mensch fühlt. Mitgefühl bedeutet: Ich kümmere mich um den anderen, ich sorge für ihn.“[4]
Quellen:
[1] Zit: https://de.wikipedia.org/wiki/Empathie#cite_ref-14
[2] Zit: Denis Mourlane, Resilienz. Die unentdeckte Fähigkeit der wirklich Erfolgreichen, Göttingen, 2014, S. 54
[3] Zit: https://www.zeit.de/2018/10/mitgefuehl-empathie-politik-verstand/komplettansicht Zugriff: 13.01.2019
[4]https://www.zeit.de/2015/49/psychologie-empathie-terror-mitgefuehl-interview/komplettansicht Zugriff: 13.01.2019